Konzept

Mit der Industrie-Romantik habe ich über Jahre ein Konzept geschaffen, das den modernen Menschen in seiner Zerbrechlichkeit zeigt: Als Mitglied des Technologie- und Informationszeitalters, das dennoch versucht, selbstbestimmt zu leben. Neben meinen umfangreichen fotografischen Arbeiten sind diese Objekte und Installationen der Schwerpunkt meines künstlerischen Schaffens.

Ursprünglich hatte ich das Ziel, die deutsche Romantik in die Bildsprache unserer heutigen Zeit zu transformieren und dabei Tiefen und Untiefen der deutschen Seele sichtbar zu machen. Mittlerweile ist der Rahmen größer und universell: Die übermächtige, transhumanistische und nur dem Profit verpflichtete Industrie verlangt eine Neudefinition von „Romantik“, die dann gelingt, wenn der heutige Mensch – besonders mit dem Hintergrund „deutscher Romantik“ – die alten Vorstellungen vollends kappt und das Wagnis einer neuen Romantik eingeht: Aus Bäumen und Ästen werden Metallträger, aus Blättern schwere Eisenschrauben, aus verfallenen Kirchenruinen neosakrale Rauminstallationen mit Materialien des 21. Jahrhunderts.

Die Arbeiten sind teilweise gewalttätig – der Mensch des 21. Jahrhunderts ist verletzt – bis poetisch und erhalten durch ihre serielle Anordnung oder auch durch den Dialog von kiloschweren Schrauben zu filigranem Glas erzeugt einen Spannungsbogen.

Am Anfang war der Geldmangel. Es mussten Rahmen her für die Ölbilder oder Zeichnungen. Die vielen Baustellen in Berlin mit ihren riesigen Reste- und Abfallmengen zogen mich magisch an. Aus den Müllbergen und Baucontainern zog ich Aluprofile, Bleche und Gipsplatten: hart, massiv, sperrig – und doch elegant.

Nun wurden die Nebendarsteller zu Hauptdarstellern: Materialien wie Schrauben, Bau- und Verpackungsstoffe, Glas, Schwämme und diverse Metallgegenstände – teilweise ermöglicht durch ein umfangreiches Material-Sponsoring der Kunststiftung Würth – habe ich zu minimalistischen Installationen und Objekten kombiniert, die in einer geometrischen, reduzierten Formensprache widerspiegeln, wie unser ästhetisches Empfinden von der Technologisierung unserer unmittelbaren Umgebung beeinflusst wird.

Beispiel: Der Industriebaum, ein zusammenklappbarer „Baum“ mit Tablettenstreifen als „Früchte“, den der moderne Nomade überall hin mitnehmen kann (passt in einen schmalen Samsonite-Koffer). Er ersetzt mühelos langweilige Konfektionskunst in Hotelzimmern oder AirBnB-Wohnungen – der Baum ist in zwei Minuten an die Wand gehängt.

Industrie-Baum mit Samsonite-Koffer
Industrie-Baum mit Samsonite-Koffer